Ich bin nun fast eine Woche schon 20, und was ich dieses Jahr gelernt habe:
Ich kann meinen Geburtstag lieben, wenn ich an der Gestaltung dessen mitarbeiten kann, ihn mit meinem Partner, in diesem Fall Einhorn, verbringen kann und der Tag nicht mit Anrufen oder Nachrichten gestört wird.
Es war ehrlich gesagt der schönste Geburtstag seit langem, und ich bin von Anfang an nicht die Person, die groß feiert, es war also ein Geburtstag wie jeder andere. Dennoch war es anders, da ich selbst sagen konnte, was ich wollte und es gab auch keine traumatischen Erlebnisse wie an meinem Geburtstag vor 2 Jahren.
Einhorn meint zwar, es sei nicht schwer, es besser als der damalige Partner zu machen, aber ich habe in den wenigen Tagen nach meinem Geburtstag so vieles erlebt, bei dem ich dachte, ich müsse damit aufhören, aber ich habe Einhorn so sehr vertraut und es lief alles so perfekt, dass es nicht nötig war, bei irgendwas zu sagen, nein das mache ich nicht. Ich war mir aber immer bewusst, dass ich das jederzeit sagen konnte, wenn es mir zu viel werden sollte.
Ich würde von mir selbst behaupten, dass ich einen sehr großen Fortschritt gemacht habe. Es kamen keine Flashbacks hoch, die gesamte Zeit nicht, in der ich mit Einhorn war. An meinem Geburtstag habe ich nicht an mein Zwangsouting gedacht, sondern nur den Tag mit meinem Partner genossen.
Ich kann mich nur wiederholen: Es war der schönste Geburtstag seit sehr langer Zeit.
Außer, dass ich offensichtlich den Tag mitgestalten möchte, fiel mir auf, dass ich kein einziges (materielles) Geschenk bekommen habe, und das hat mich noch besser fühlen lassen, da ich dadurch nicht gezwungen wurde, irgendwelche Geschenke zu kommentieren oder anderen zu zeigen, wie sehr ich es mag (ob ich es mag oder nicht, wird nicht diskutiert).
Ein paar Tage später hab ich ein Geschenk von Einhorn bekommen. Es ist ganz klar ein Statement, dass ich nicht-binär bin (es steht „non-binary“ drauf, in den Farben der Flagge), und kann es daher weniger daheim tragen, da ich (noch immer nicht…) in meiner näheren Familie geoutet bin. Da wäre ein Drache/Tier in den Farben gelb, weiß, lila und schwarz besser gewesen, da es nur die Farben des Geschlechts zeigt und weniger den Begriff. Nach wenigen Minuten aber fing ich an, das Shirt zu lieben! Es ist ein „Baggy Shirt“, hat einen etwas größeren Ausschnitt und daher kann eins auch mal eine nackte Schulter zeigen. So was wollte ich früher sehr oft haben, und jetzt endlich hab ich eins! Einhorn hat es zwar nicht gewusst, aber er hat definitiv meinen Geschmack getroffen!
Nun zum Tag vor meinem Geburtstag.
Weil ich in der Woche davor ganz viel „RuPaul’s Drag Race“ angeschaut habe und mich mit einem Freund beraten habe, ob ich denn auch draggen könnte (kann ich!), habe ich beschlossen, ich als Enby verkörpere eine Frau! Somit kann ich mich auch als Drag Queen bezeichnen, da ich innerlich ja keine bin und ich mich auch in meiner Jugend gefühlt genauso sehr schminken wollte wie die Drag Queens aus der Serie. (Meine liebe Schwester hat mich immer davon abgehalten…) Auf Dauer wurde es dann langweilig, immer dasselbe zu schminken, mit wenigen Variationen, und daher habe ich es einfach gelassen.
Der Tag vor meinem Geburtstag war besonders, weil ich da meine sogenannte „Drag Mother“ gefunden habe – ich nenne sie aber meine „Drag Schwester“! Sie ist eine große Schwester, wie ich nie eine hatte, und außerdem kennt sie sich viel besser aus mit dem Schminken als ich. Daher habe ich Puck (ihr Spitzname) um Rat gefragt, ob sie mir ein paar Tipps beibringen kann. Zusätzlich haben wir auch noch ein paar Möglichkeiten der Outfits versucht. Es war einfach nur toll! Jetzt muss ich nur hoffen, dass ich auch alles im Kopf behalten habe und auch anwenden kann… Wenn nicht, übe ich einfach noch ein paar Mal mit Puck, bis ich es gut drauf hab.
Da ich noch ein wenig Geld im Monat übrig hatte, habe ich auch sogleich beschlossen, mir Perücken zuzulegen. Es wurden sogleich zwei, und ich habe mich wie eine richtige Drag Queen gefühlt, als ich sie getragen habe, selbst Einhorn hat mich kaum mehr wiedererkannt! Genau so einen Effekt möchte ich erzielen, wenn ich in die Rolle meiner Persona schlüpfe.
Einhorn hat bei den Bildern, die ich mit meinem Handy gemacht habe, gleich an neue Motive für ein Fotoshooting gedacht, und ich bin ehrlich gesagt nicht abgeneigt, bei ihm in der Öffentlichkeit eine der beiden Perücken zu tragen. Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen der Menschen, denen ich begegne!
Und natürlich brauche ich auch einen Namen, der gut dazu passt. Nach Vorschlägen wie „Evelyn“ und „Jessica“ habe ich den perfekten für mich gefunden: „Alexandra“. Die Möglichkeiten der Spitznamen sind unglaublich viele: Lexa, Xandra, Alexa, Lexi – nur Alex passt nicht so ganz, da ich ja eine Frau dragge, kein Enby oder Mann, ersteres bin ich ja schon. Wäre ja langweilig, das eigene Geschlecht zu draggen.